TERRA.VITA - NEWS

Pflanzenfreischnitt an den Saurierfährten


Freier Blick in die Erdgeschichte

Bad Essen. Die Saurierfährten von Barkhausen sind vermutlich jedem Kind im Osnabrücker Land bekannt und ein beliebtes Ziel bei Touristen. Selbst jetzt im kaltnassen Winter, zu einer Zeit in der wir Kontakte vermeiden möchten und daher vermeintlich weniger besuchte Ziele zur Erholung auswählen, zieht es zahlreiche Familien aus der Region in den ehemaligenSteinbruch am Wiehengebirge. Dort blicken die Besucher auf eine Felswand, an der die Fußabdrücke einer Herde Langhalssaurier und einiger Raubsaurier deutlich zu sehen sind. Doch seit ihrer Entdeckung, die sich in diesem Jahr zum 100. Mal jährt, begegnen die Saurierfährten einer andauernden Gefahr: Sie drohen mit der Zeit durch Pflanzen zuzuwachsen.

Dadurch wird nicht nur der Blick auf die Fährten verwehrt, manche Pflanzen können das Gestein schädigen. „Insbesondere die Brombeeren wurden zunehmend zu einem Problem, da das kräftige Wurzelwerk der Pflanzen in Spalten im Gestein eindringt und dieses sukzessive zermürbt.“, teilte der Geologe Dr. Tobias Fischer vom Natur- und Geopark TERRA.vita mit. Mittlerweile schützen die Dachkonstruktion und die Betonregenrinne große Bereiche der Fährtenschichtfläche vor Verwitterung. Weniger gut vor Feuchtigkeit geschützte Stellen werden jedoch über die Jahre von Moos und niedriger Vegetation überwachsen. Insbesondere die Gesteinswand rechts des Daches war deswegen die vergangenen 15 Jahre nicht mehr erkennbar. „Aufgrund des dringenden Handlungsbedarfs haben wir die Untere Naturschutzbehörde und die Gemeinde Bad Essen um Unterstützung gebeten.“, so der Geologe.

Die Untere Naturschutzbehörde (UNB) kümmert sich organisatorisch und finanziell um die mehr als 150 Naturdenkmäler im Landkreis Osnabrück, zu denen nicht nur einzelne Bäume oder Biotope gehören, sondern auch Gewässer, Steinbrüche und andere Geotope wie die Saurierfährten. „Häufig gehen Geotoppflege und landschaftspflegerische Maßnahmen Hand in Hand.“, informierte Jessica Meißner von der UNB. „Beispielsweise haben wir letztes Jahr gemeinsam mit dem Heimatverein Hollager Hof die Gesteinswände und den Boden des Hollager Steinbruchs von Gehölzen befreit, damit sich der Kalktrockenrasen mit den auf Kalkböden spezialisierten, seltenen Pflanzenarten wie wilder Thymianin der Zukunft im Steinbruch wieder konkurrenzfähiger werden. Gleichzeitig wurde der Blick auf die Geologie wieder frei.“ Im Steinbruch Saurierfährten ist dies aber anders. Durch seine Enge und die Schatten spendenden Bäume wird dort ein feuchtes Mikroklima erzeugt, weswegen in den Gesteinswänden beispielsweise auch schutzwürdige Farnarten wachsen könnten. „Deswegen haben wir im Vorhinein den Eingriff überprüft, damit die Steinbruchökologie keinen Schaden nimmt.“ So planten die UNB und der Naturpark gemeinsam zwei Aktionen: das vorsichtige entfernen der Pflanzen auf dem Anschauungsobjekt sowie einen groben Freischnitt der Bäume im übrigen Steinbruch im Winter, außerhalb der Brutzeit. Aufgrund der Beschattung und des Artenschutzes wurden im oberen Bereich des Steinbruchs die Bäume erhalten. So bleiben der Vogelfauna weiterhin Brutplätze zur Verfügung, Eidechsen allerdings werden die Freistellung dankend annehmen.

Die letztgenannte Aktion wurde im Spätsommer durch das Erlebnispädagogische Schullandheim Barkhausen durchgeführt. „Die Pflanzen mussten mit viel Fingerspitzengefühl händisch von der Fährtenschichtfläche entfernt werden, damit die Saurierfährten keinen Schaden davontragen.“, erinnerte sich Ivo Neuber, der Leiter des Schullandheims. „Wir geleiten jährlich 1.800 Schülerinnen und Schüler zu den Saurierfährten und bringen ihnen seit vielen Jahren die jurassische Saurierwelt im Wiehengebirge näher. Daher sind uns die Saurierfährten nicht nur besonders ans Herz gewachsen, wir kennen uns mittlerweile auch sehr gut mit den Gegebenheiten vor Ort aus. Natürlich verlangte diese Maßnahme besondere Vorkehrungen“. Diese Vorkehrungen sahen so aus, dass die Erlebnispädagog*innen des Schullandheims sich von der Steinbruchkante herabseilen mussten, um möglichst jeden Pflanzenaufwuchs zu erreichen.

Bei dieser Aktion wurden nur die Moosflächen und die buschige Vegetation entfernt. Die zu Bäumen aufgewachsenen Pflanzen wurden durch den landkreiseigenen Baumpfleger Oliver Toennes und einer externen Firma im Januar 2021 beschnitten. Der Bauhof der Gemeinde Bad Essen kümmerte sich um den Verbleib des Freischnitts. Jetzt sind nach langer Zeit nicht nur die Fährten rechts des Daches wieder erkennbar, sondern auch die weiteren Gesteine im Steinbruch, wie zum Beispiel die den Fährten gegenüberliegenden Kalksteine.

Passend zum100. Jahrestag ihrer Entdeckung präsentieren sich die Saurierfährten also wieder in ihrer vollen Gänze. Neben weiterenKonservierungsmaßnahmen plant der Natur- und Geopark zusammen mit einigen Partnern aus der Region Bad Essens dieses Jahr ein größeres Jubiläumsevent an den Saurierfährten. Wie dieses Event aussehen wird, hängt jedoch stark von dem weiteren Verlauf der Corona-Pandemie ab.

04 März 2021
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