Streuobstanbau


Streuobstanbau in unserer Region

„Da ist der Wurm drin – oder doch nicht?“ – diese Frage haben sich bestimmt viele von euch schon einmal gestellt, wenn ihr einen Apfel oder eine Birne gepflückt habt. Die heimischen Obstbäume bieten aber nicht nur Würmern ein Zuhause. Mit über 5.000 Tier- und Pflanzenarten gehören Streuobstwiesen sogar zu den artenreichsten Ökosystemen Europas. Sie stellen Lebensräume für seltene Vögel, Kleinsäuger, Insekten und nicht zuletzt für zahlreiche Obstbaumarten dar.

Streuobstwiesen sind eine uralte Form des Obstanbaus, dessen Anfänge sich sogar bis in die Spätantike zurückverfolgen lassen. Traditionell wurden die Obstwiesen zunächst rings um die Dörfer angelegt und prägten seit dem Mittelalter ganze Landschaftszüge. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts gehen die Streuobstbestände immer weiter zurück. Auch in unserer Region kommen größere zusammenhängende Streuobstwiesen nur noch vereinzelt vor.

Deshalb hat die Arbeitsgemeinschaft für Naturschutz Tecklenburger Land e.V. (kurz: ANTL) das Projekt „Obstarche“ auf die Beine gestellt, bei dem alte Obstbaumbestände der Region zusammengetragen, bestimmt und geschützt werden sollen. Auf der „Fliehburg“ in Brochterbeck hat die ANTL zudem ein kleines Obstsortenmuseum eingerichtet. Die dortige Streuobstwiese besteht aus vielen alten Sorten des Tecklenburger Landes und lädt Spaziergänger dazu ein, mehr über das Thema zu erfahren. Einmal im Jahr veranstaltet die ANTL außerdem den Tecklenburger Apfeltag und bietet Kurse zum Thema Obstanbau und Obstbaumschnitt an. Wer selber in den Genuss der regionalen Streuobstvielfalt kommen will, kann bei der ANTL auch ungespritzte Äpfel oder „Tecklenburger Streuobstwiesenapfelsaft“ erwerben.

Auf dem Kirschlehrpfad in Hagen a.T.W. werden zahlreiche alte und gefährdete Süßkirschsorten bewahrt. Er ist dezentraler Genbankstandort der der Deutschen Genbank Obst – eine Arche Noah für Obstsorten. Mehr als 360 Bäume von mehr als 100 unterschiedlichen Sorten bilden hier Deutschlands größte Süßkirschsortensammlung. Eine Wanderung durch die Kirschbäume wird vor allem während der Blütezeit und der Kirschreife zum Erlebnis. Zu diesen Zeitpunkten finden Führungen der Gemeinde Hagen a.T.W. über den Krischlehrpfad statt. Regionale Kirschprodukte sind erhältlich im Bürgerbüro der Gemeinde Hagen a.T.W. und im Hofladen Ehrenbrinck-Brockmeyer.

 

Warum handelt es sich hier um Immaterielles Kulturerbe?

„Streuobstwiesen schützen Vielfalt und Erhalt der Obstsorten und prägen Kulturlandschaften“ – unter anderem mit dieser Begründung wurde der Streuobstanbau im Jahr 2021 von der UNESCO offiziell als Immaterielles Kulturerbe wertgeschätzt. Schützenswert sind also vor allem die hohe Biodiversität sowie alte heimische Obstbaumsorten.

Darüber hinaus handelt es sich um ein altherkömmliches Handwerk. Die Pflege und Bewirtschaf-tung der Wiesen sowie die anschließende Obstverarbeitung erfordern traditionelle Handwerks-techniken und tradiertes Hintergrundwissen. Die Fertigkeiten und das Wissen werden dabei über Generationen hinweg weitervermittelt. Häufig ist der Streuobstanbau auch mit verschiedenen Bräuchen (z.B. Neupflanzung bei Geburten) oder Feierlichkeiten (z.B. Streuobst- oder Obstblüten-feste) verbunden. Letztlich verkörpert der heimische Streuobstanbau ein Stück regionaler Identität und trägt zum Erhalt traditioneller Kulturlandschaften bei.

 

Fotos: Kornelia Lauxtermann, Jenny Menkhaus (Gemeinde Hagen a.T.W.)

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